Wort des Pastors März 2021
Ihr lieben!
Ich erlaube mir am Anfang dieses Briefes ein persönliches Wort: vielen Dank an alle, die uns die letzten Wochen beim Umzug geholfen haben. Wir haben uns als Familie über jedes Gespräch, alle Blumen und Kuchen und Willkommensworte gefreut und wir fühlen uns schon sehr wohl. Ich persönlich freue mich, jetzt bei Euch im Dienst als Euer Pastor zu sein und ich freue mich sehr darauf, Euch alle näher kennenzulernen.
Ich schreibe diesen Brief kurz nach Aschermittwoch. In vielen (vor allem liturgischen) Kirchen wird am Aschermittwoch Psalm 103 gelesen: „Denn er weiß, was für Geschöpfe wir sind, er denkt daran, dass wir nur aus Staub gebildet werden“ (Ps. 103,14). In diesem Psalm geht es um den Kontrast zwischen der Vergänglichkeit eines Menschen und die Stabilität und Ewigkeit Gottes. Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir uns dagegen wehren, unsere Vergänglichkeit anzuerkennen. Es wird uns von allen Richtungen kommuniziert, dass Grenzen schlecht sind. Wir sollen alles haben können: Ein produktives Arbeitsleben, ein schönes Familienleben, in dem die Kinder gut gefördert sind, eine top saubere Wohnung mit täglich frisch gekochtem Essen. Einige von uns haben den Druck in der aktuellen Krise besonders gespurt: Homeoffice 40 Stunden plus Fernunterricht mit den Kindern plus den normalen Haushalt. Hier sind wir mindestens herausgefordert worden – wenn nicht überfordert. Und trotzdem steht noch einiges auf der To-Do Liste. Kein Wunder, dass es jetzt von einer psychologischen Krise gesprochen wird.
Psalm 103 ist der große Einspruch gegen diese Überlastung. Er erinnert uns daran, dass wir nicht alles sein und tun müssen. Es genügt, dass wir staubige Geschöpfe sind. Es reicht, wenn wir nur Menschen sind, die ihr Leben „vergänglich wie das Gras“ (Ps. 103,15) führen. Anstatt die Aufforderung, mehr zu tun oder produktiver zu sein, bekommen wir eine Einladung: „Preise den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“ (Ps. 103,2). In diesem Psalm wird die Vergänglichkeit der Menschen nicht mit göttlicher Ungeduld begegnen, sondern mit „der Gnade des Herrn“ (Ps. 103,17). Uns wird gesagt: „wie ein Vater seinen Kindern voller Güte begegnet, so begegnet der Herr denen, die ihm in Ehrfurcht dienen“ (Ps. 103,13). Gott nimmt uns nicht trotz unserer Schwäche und Vergänglichkeit an, sondern das ist immer der Plan gewesen! In Psalm 103 sind vergängliche Menschen auf allen Seiten von Gottes Freundlichkeit und Barmherzigkeit umgeben. Staubige Menschen finden ihre Heimat beim starken Gott, der ewig gut und treu bleibt.
Was sagen wir dazu? Vielleicht ist diese Fastenzeit eine Einladung, bewusst die eigenen Grenzen wahrzunehmen. Vielleicht ist sie die Möglichkeit zu merken, wo du vielleicht zu viel machst oder wo es in deinem Leben angespannt ist. Vielleicht in dieser Fastenzeit merkst du zum ersten Mal die innere Stimme, die dir sagt, dass du immer mehr tun und sein möchtest – und dann bringst du diesem inneren Zwang zum Gott, der weißt, dass du nur als Staub gebildet wurdest und du lädst diesen Gott ein, deine innere Stimme zu beruhigen. Ich wünsche mir für dich, dass du diese Fastenzeit ganz frisch erlebst, dass Gott dich annimmt, genau wie du bist und dass du dich über deine Vergänglichkeit und Grenzen freuen kannst. Ich wünsche Euch dabei Gottes Segen.
Euer David
Ein Beitrag von Pastor David Bunce
David ist gebürtiger Engländer und ist seit März 2021 Pastor der Baptistengemeinde Bad Ischl. Er hat sein Studium in Schottland (University of St Andrews, MA Hons German and Theological Studies) abgeschlossen und lebt seit 2014 in Österreich. Bevor er nach Bad Ischl berufen wurde, war er 2015-2020 Pastor in der projekt:gemeinde (Wien). In der Gemeinde ist David primär für den Predigtdienst, Gemeindeaufbau und Seelsorge zuständig.